Die Last mit dem Speed – Familienzuwachs Load 75

Irgendwann im Spätsommer 2020 kam es zu uns, das Load 75 HS Vario. Wir konfigurierten es auf der Website von Riese und Müller , machten uns guten Mutes auf den Weg zum von uns auserkorenen Biketempel, der Firma All Mountains in Wiesbaden, um möglicherweise noch ein paar Fragen beantwortet zu bekommen. Die Besitzer dieses Etablissements rühmen und lobenpreisen sich selbst, grösstmögliche Erfahrung mit dem Fahren eines Lasten-Speedpedelecs in der doch immerhin recht hügeligen Landeshauptstadt Hessens zu besitzen. An diesen Erfahrungen wollten wir teilhaben.

Dazu jedoch liessen sie sich nicht erweichen und bestellten ganz humorlos und ein wenig wortkarg einfach die von uns erdachte Konfiguration. Time ist schliesslich Money. Apropos Money: es wäre ganz nett gewesen, ausser einer Auftragsbestätigung irgendein wie auch immer geartetes Zeichen zu bekommen, dass die Idee, mehr als 9.000 Euro für ein Zweirad auszugeben, eine Gute sei. Ein Danke, eine freundliche Aufmunterung, ein Lächeln………. irgendwas………. .

12 Wochen später war Time offensichtlich immer noch Money. Die Dealer sind offensichtlich so angetan von der Ingenieurs- und Produktionskunst der Firma Riese und Müller, dass sich dem Kunden intuitiv erschliessen möge, wie sich Ergonomie, Gewichtsanpassung der Vollfederung und Bedienungselemente einstellen lassen. Dem fortgeschrittenen Riese und Müller – Nutzer tut es das tatsächlich. Wäre nur schön gewesen, als Zeichen der Wertschätzung mit einem gut angepassten Rad vom Hof zu fahren. Hach, ich träume schon wieder!

Ganz nebenbei bemerkt: der Service bei den oft gescholtenen Onlineshops von Bike-Discount und Fahrrad-Franz ist um Universen, nicht nur Welten, besser.

So also kam es nach Hause, die Enttäuschung über die Performance des selbsternannten Spezialisten liess schnell nach. Beim Drumherumgehen könnt Ihr Euch an vielen Details erfreuen:

der Zahnriemenführung zur stufenlosen Vario-Schaltung, den wintertauglichen und trotzdem leicht rollenden Reifen sowie der robusten Hinterradschwinge:

dem netten und praktischen Flaschenhalter, der Zugänglickeit der beiden Akkus – ich finde das Handling mit den Powerpacks wesentlich angenehmer als mit den Intubes – , der gut verarbeiteten Persenning

der hervorragenden M99 Mini mit Fernlicht, der feinfühligen, einstellbaren Federgabel und vor allem daran, dass es eine Hupe gibt. Fussgänger teilen diese Freude nur eingeschränkt, Autofahrende jedoch werden aufmerksamer.

an der optisch gelungenen Motoraufnahme:

daran, dass der komplette Cast von Game of Thrones auf das Rad passt.

Von Thyrion:

bis zum Bloodhound:

Zum Vergleich: geübte Heldinnen von 1,73m Höhe stellen den Sattel so ein:

Auch der serienmässige Gepäckträger ist sehr praktisch. Viel besser als der an den Delites.

Der Spiegel ist zwar optisch schön anzusehen, zeigt aber überwiegend den korrekten Sitz der Oberbekleidung am Ellenbogen.

Und wie fährt es sich nun?

„Leicht“ ist ein guter Begriff. Das Load 75 ist lang und fast einen Zentner schwer, aber man merkt es kaum. Es ist hervorragend ausbalanciert und die Lenkgeometrie passt. Es läuft sicher geradeaus, auch jenseits der 50 km/h. Egal ob leer oder beladen. Wie bei jedem Lastenbike muss Handzeichen geben geübt werden. Wie seinerzeit mit dem Motorrad in der Fahrschule: einfach mal Achten fahren.

Wer das kann, der darf sich in den Stadtverkehr stürzen. Mit dem Load 75 werdet Ihr von den Autofahrenden wahrgenommen. Die Angst vor Kratzern im heiligen Blech spielt dabei sicher eine Rolle. Bedingt durch das Gewicht ist Anfahren etwas zäh, aber einmal in Schwung, lässt es sich mit 35 – 40 km/h auf ebenen Stecken gut mitfliessen. Sogar bepackt, dann halt alles etwas langsamer. Die Bremsen von Tektro sind an vielen Lastenbikes zu finden, sie sind ok. Ein ABS fürs Vorderrad wäre toll, unbeladen kann es auf nasser Strasse schon mal blockieren. Ein wilder Ex-Kollege mit Unfallerfahrung meinte, das sei nicht so schlimm, man würde dann einfach seitlich auf dem Koffer liegen bleiben, es sei viel sanfter als mit einem normalen Bike zu verunfallen. Tröstlich, oder?

Im Gegensatz zu den Lastenbikes holländischer Prägung ist die Sitzhaltung eher tourentauglich sportlich. Lenkerhöhe und -neigung und damit der Abstand zum Sattel ( neudeutsch Reach ) sind mit Schnellverschlüssen einstellbar. Dadurch ist das Bike auch WG-tauglich. Wir bekamen es hin, wie auf einem Delite zu sitzen. Also so wie gewohnt. Manche Lastenbikes ohne Federung flexen etwas, das Load 75 ist allerdings bocksteif. Vollfederung ist daher fast schon ein Muss. Die Strassen werden schliesslich nicht besser. Wir sind da zugegebenermassen verwöhnt, stehen doch nur Fullies in der Garage. Ihr könnt wegen der Vollfederung auch höhere Reifendrücke fahren, was bei Beladung leichter rollen lässt.

Der Wendekreis ist beachtlich, man sollte immer bedenken, dass man das Teil nicht einfach umheben oder wegtragen kann. Schieben geht übrigens prima und leicht, auch hier ist die ausgewogene Gewichtsverteilung spürbar.

Als alter Grip-Shift´ler und Rohloffnutzer werde ich mich wohl nie an das Schaltschema der Enviolo gewöhnen. Wer neu ist, findet aber mit der stufenlosen Schaltung (fast) immer die richtige Übersetzung.

Der Motor…… nun ja: hier komme ich wieder auf meine Freunde von Time-is-Money-All-Mountains aus den ersten Absätzen zurück. Auch die erfahrenen Speedpedelec-Bikenden, die 4 Speedpedelecs ihr Eigen nennen, hätten ein paar Praxistipps und Erfahrungen brauchen können.

Und so gebe ich Euch im nächsten Beitrag die Tipps und Erfahrungen weiter :-).

Bis dann


2 Gedanken zu “Die Last mit dem Speed – Familienzuwachs Load 75

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