Geh´ mir doch fort mit dem ganzen neumodischen Quatsch: 26 Zoll, kompakter Rahmen, steile Rahmenwinkel, langer Vorbau, 100mm Federweg – das hat doch jahrzehntelang zum Mountainbiken im Taunus gereicht. Doch oberhalb Wiesbadens gibt es viele Trails, die mir dann doch die Grenzen aufzeigten, besonders bergauf.
Jeder grössere Brocken, jede Stufe und ein ständig steigendes Vorderrad bremsen den Vorwärtsdrang und bergab war es oft auch nicht viel besser. Die lädierte Schulter vom letzten Sturz spüre ich jetzt noch, ich bin an einer Wurzel hängen geblieben.
Also musste was Besseres her: ein Fully plus Reserveakku, das Budget begrenzte ich auf ein halbes Delite. Ein kurzer Blick auf die Preise für Akkus brachte mich schnell zu der Erkenntnis, die Powerpacks meines Delite als Reserveakkus zu nehmen. Sind ja auch 4 Stück in der Familie. Also bleib´ ich beim Bosch. Und dazu der ganze neumodische Kram: 27,5 Plus oder 29 Zoll – Bereifung, Federweg mindestens 140mm, großer Reach ( = langes Oberrohr + kurzer Vorbau ), breiter Lenker, Vario- Sattelstütze, 1- Finger Bremse, Antriebsgruppe überwiegend XT. Damit tendierte die Auswahl geeigneter Bikes gegen Null. Blieb´eigentlich nur ein runtergesetztes 2017er Moterra von Cannondale, das ich bei Fahrrad XXL in St. Augustin ausmachte. Als ich dort ankam, war es schon weg. Oder nie da, so genau wussten sie es vor Ort auch nicht mehr. Ich hatte noch etwas Zeit, also Tante Google befragt. Sie schlug mir den Superstore von H&S Bikediscount in Bonn vor.
Und da stand es nun:
Ein Radon Swoop Hybrid 9.0 mit Wahnsinnsausstattung: FOX 36 Gabel, FOX DPX2 Federelement mit 170mm Federweg, dem alten CX, 29 Zoll Räder von DT-Swiss, Lenker, Kurbeln und Vorbau von The Race Face, Vario – Sattelstütze von SDG, XT- Vierkolbenbremsen, 200er Bremsscheiben, Ausstattung komplett XT. Kein einziges No-Name Teil dran. In Rot, ohne Kriegsbemalung. Runtergesetzt von 3.999 auf 3.200 Öcken. Zu schön, um wahr zu sein. Radon ist die Eigenmarke der H&S Bikediscount, die müssen sagenhaft niedrige Einkaufspreise für Komponenten haben. Der geneigte Leser möge bitte beim Händler oder Versender seines Vertrauens nachschauen, wie Bikes mit dieser Ausstattung gehandelt werden. Kurze Probefahrt, passt! Bezahlen, Mitnehmen! Beim Ausgabecheck wird noch mal alles überprüft und die Federelemente an mein Gewicht angepasst. Für die Inspektionen gibt es deutschlandweit Partner, in Wiesbaden zum Beispiel die unwahrscheinlich netten Leute der Frame Factory.
Am nächsten Tag dann nix wie raus und ausprobieren. Erst mal bergauf zu einem der höchsten Punkte, der Rassel.
Der „alte“ CX ist kräftig, der eMTB – Modus gelungen. Die Federung ist sensationell, die Räder bleiben am Boden. Relativ lange Kettenstreben im Zusammenspiel mit hervorragender Zugstufendämpfung der Gabel verhindern das Steigen des Vorderrades. Die Traktion ist super, das Hinterrad dreht kaum durch. So kam ich auch die Wege hoch, an denen mich mein altes Bike immer abgeworfen hat. Mission completed.
Bergab bleibt es dabei: Länge läuft. Der flache Lenkwinkel steht für eine Downhill – Geometrie. Das Bike bleibt gut in der Spur, durch die 29 Zöller sind auch Spurrillen nicht mehr so dramatisch, in verbocktem Gelände rollst Du mit 29 Zoll und 170mm Federweg überall drüber. Die Bodenfreiheit ist gut, manchmal muss man allerdings auf die Pedalstellung achten. Das Übliche halt. Enge Kehren sind nicht so ganz die Domäne, schnelle Anleger gehen dagegen super. Es ist wie geschaffen für Flowtrails. Also für mich.
Im Herbst sind die Trails rund um Wiesbaden wenig befahren, bergauf machen sie dann bergauf mehr Spaß als bergab. Jetzt weiss ich, dass Bosch mit dem Marketingbegriff „Uphill- Flow“ richtig liegt. Mögen andere das Bike an seine Grenzen bringen, ich kann es nicht. Hier im Taunus zumindest fahre ich Strecken hoch und runter, die ich vorher nur schieben konnte.
Auch etwas neumodisch ist der Begriff „Enduro“ für diese Mountainbikekategorie. Jüngere Biker bezeichnen so Bikes, mit denen sie möglichst verbockte Trails runterballern. In der Motorradszene fast vergessen, wurde „Enduro“ aus dem englischen „Endurance“ abgeleitet und für Moppeds verwendet, mit denen man lange Strecken auf unbefestigten Wegen zurücklegen konnte. XT 600 oder BMW G/S.
Für mich ist das Swoop Hybrid 9.0 genau das. Ein Enduro, mit dem ich auf Wegen über Stock und Stein, durch Matsch und Wildschweinwühlereien, steile Berge rauf und runter, mehrstündige Touren machen kann. Lediglich die Akkureichweite ist etwas begrenzend: 30 – 40 km pro 500Wh sind Schnitt, allerdings reden wir hier von über 1000 Höhenmetern und matschigen, schweren Wegen. Der CX saugt mit seiner Spitzenleistung von knapp 750 Watt ordentlich am Akku. Und die braucht es manchmal wirklich. Gut, dass ich immer einen Reserveakku in den Rucksack packen kann.
Das Ding macht Spaß. Und man kann damit spielen…………
Ja, seit der 26″ Ära hat sich da einiges getan. Mit einem aktuellen Bike macht auch bergauf fahren im Gelände richtig Laune. Bosch + emtb Modus hat was ;=)
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